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Testbericht: WALDORF MICROWAVE 1 Plugin – Die Mikrowelle für die DAW

Ein Testbericht von Perry Staltic,
veröffentlicht am 05.09.2024

Ich persönlich war doch ziemlich überrascht, als WALDORF ohne lange Vorankündigung so mir nichts, dir nichts ein Software-Pendant zum MICROWAVE 1 veröffentlicht hat, dem Hardware-Synthesizer, mit dem bei dieser Firma einst alles begann. Der MICROWAVE 1 ist heute längst eine Legende, da wollen wir doch mal sehen, ob das Plugin da in allen Belangen mithalten kann.


Waldorfsalat

Die deutsche Firma WALDORF dürfte sicherlich den meisten ein Begriff sein, zumindest dann, wenn sie sich für Synthesizer interessieren. Dabei muss man aber eigentlich von zwei Firmen sprechen, denn die aktuell in Remagen ansässige WALDORF MUSIC GmbH ist erst seit 2006 die rechtmäßige Nachfolgerin der ursprünglichen WALDORF ELECTRONICS GmbH, die 1988 im namensgebenden Waldorf gegründet wurde und die 2004 Insolvenz anmelden musste ging.

WALDORF MICROWAVE

Das erste und wohl auch bekannteste Produkt von WALDORF (ELECTRONICS) war der 1989 präsentierte Wavetable-Synthesizer namens MICROWAVE, der sich schnell großer Beliebtheit erfreute und in unzähligen elektromusikalischen Werken ertönte, zu den bekannteren Anwendern gehörten beispielsweise SNAP und DIE KRUPPS.

Der MICROWAVE wurde als technisch verbesserter Nachfolger der alten PPG-Serie konzipiert, deren Entwickler Wolfgang Palm auch maßgeblich an WALDORF’s Erstling beteiligt war. Der MICROWAVE enthielt daher auch die digital erzeugten Wavetables des PPG 2.3 in Kombination mit einem analogen Filter auf Basis von Curtis-Chips, von denen im Laufe der Zeit zwei verschiedene, leicht unterschiedlich klingende Varianten zum Einsatz kamen. Kenner bevorzugen dabei in der Regel die erste Version des MICROWAVE (REV A).

Wem die acht Stimmen des MICROWAVE nicht ausreichten, konnte diese mit Hilfe eines WAVESLAVE genannten Expandermoduls verdoppeln. 1994 erschien ein ROM-Upgrade, das den MICROWAVE mit zusätzlichen Wavetables und weiteren neuen Funktionen versorgte.

Bedienungstechnisch war der MICROWAVE ein typisches Kind seiner Zeit. Statt dedizierter Regler für jede Funktion musste man mit einer Knopfmatrix und dem prägnanten roten Edit-Drehrad auskommen, was die Bedienung nicht unbedingt intuitiv gestaltete. Ein wenig Abhilfe schaffte hier entweder eine entsprechende optionale Editor-Software oder der MICROWAVE PROGRAMMER, der 1994 von der Firma ACCESS (ja, die mit dem VIRUS) angeboten wurde, allerdings auch einen stattlichen Preis hatte. Heute ist zudem ein passender Controller von STEREOPING verfügbar.

Nachdem WALDORF 1997 den Nachfolger MICROWAVE II mit nun vollständig digitaler Klangerzeugung präsentierte, wurde der ursprüngliche hybride MICROWAVE nachträglich in MICROWAVE I umgetauft.


Check-in

Das MICROWAVE 1 Plugin benötigt mindestens WINDOWS 7 aufwärts oder macOS 10.14 und einen 64-Bit-Host. Unter macOS werden sowohl INTEL- als auch APPLE SILICON-CPUs unterstützt.

An Plugin-Formaten stehen VST2, VST3, AAX und AU zur Verfügung, ich hatte davon jedoch lediglich die VST-Varianten unter WINDOWS 10 im Testbetrieb.

WALDORF MICROWAVE 1 Plugin – Aktivierung

Nach dem Erwerb einer Lizenz erhält man einen Code, den man in seinem WALDORF-Account im Menüpunkt „Redeem Coupon“ einlöst, woraufhin man unter „Lizenzschlüssel“ seine notwendigen Aktivierungsdaten angezeigt bekommt sowie die Installationsdateien zum Download vorfindet. Nach der Installation und dem ersten Start des Plugins trägt man die erwähnten Aktivierungsdaten in das entsprechende Eingabefeld ein und schaltet es damit frei, fertig! Keine zusätzlich zu installierende App, keine zwangsweise Internetverbindung, so lob ich mir das!

WALDORF MICROWAVE 1 Plugin

Die Bedienoberfläche des MICROWAVE 1 Plugins ist skalierbar und verzichtet erfreulicherweise auf eine fotorealistische Darstellung der Hardware und auf Pseudo-3D-Effekte. Lediglich der große rote WAVETABLE-Regler und das Design der Schaltknöpfe erinnern an das emulierte Vorbild.

Ansonsten macht das Plugin regen Gebrauch von den Vorzügen eines Computer-Bildschirrms und präsentiert uns zahlreiche Bedienelemente und Grafik-Displays, womit sich der virtuelle MICROWAVE 1 gegenüber seinem Hardware-Pendant deutlich schneller und komfortabler bedienen lässt. Besitzer der Hardware dürfte es daher sicherlich erfreuen, dass sich das Plugin auch als vollständiger Editor dafür verwenden lässt, die Presets sind ebenfalls kompatibel.

Die Auflösung der Drehregler lässt sich verfeinern, wenn man bei ihrer Bedienung mit der Maus gleichzeitig STRG/CTRL (WINDOWS) bzw. CMD (macOS) gedrückt hält. Ein Doppelklick setzt den jeweiligen Parameter auf seinen Ausgangswert zurück. Die Drehregler reagieren auch auf Bewegungen des Scroll-Wheels.


Bisher leider nicht möglich ist hingegen die Steuerung von Bedienelementen mittels MIDI-CCs bzw. eines Controllers, es existiert nämlich weder eine Lernfunktion noch eine von WALDORF fest vorgegebene Belegung. WALDORF hat aber zumindest angekündigt, schon daran zu arbeiten (Nachtrag vom 06.09.2024: Nur einen Tag nach Veröffentlichung dieses Testberichts hat WALDORF bereits
eine neue Betaversion am Start, die unter anderem auch MIDI-CC-Mapping und MIDI-Learn beherrscht!)
. Selbstverständlich lässt sich das MICROWAVE 1 Plugin aber sehr wohl über Host-Automation steuern, und falls die verwendete DAW entsprechend ausgestattet ist, kann man natürlich deren integrierte MIDI-CC-Zuweisung verwenden.

Damit es nicht zu unübersichtlich wird, hat WALDORF die Parameter auf mehrere Bildschirmseiten verteilt, die sich über die linksseitigen Buttons umschalten lassen, und zwar für die obere und die untere Sektion des Plugins getrennt. Beim Start des MICROWAVE 1 wird oben die MAIN PAGE mit den wichtigsten Parametern und unten die Filterhüllkurve angezeigt.

Presets lassen sich entweder über ein etwas altbackenes Pulldown-Menü aufrufen oder per PREV/NEXT-Buttons durchsteppen. Von einem modernen Preset-Browser mit Kategorien, Filter-, Such- und Favoritenfunktionen fehlt leider jede Spur. Hier bin ich mittlerweile durch CHERRY AUDIO, ARTURIA und andere Firmen doch ziemlich verwöhnt. Das wäre also meiner Meinung auch noch eine Baustelle für ein künftiges Update.

Bezüglich der CPU-Belastung gab es auch auf meinem alten Testrechner (CPU i7-4790K mit 4 x 4,0 GHz, 16 GB RAM) keine Auffälligkeiten, das MICROWAVE 1 Plugin verhält sich hier erfreulich sparsam.

Das englischsprachige Manual im PDF-Format geht auf 69 Seiten sehr ausführlich auf alle Aspekte des Plugins ein.


Tabellenkalkulation…

Das MICROWAVE 1 Plugin verfügt über zwei Oszillatoren, die sich beide gemeinsam aus der jeweils ausgewählten Wellentabelle bedienen. Wie beim Vorbild ist hier kein separater Zugriff auf unterschiedliche Wavetables für jeden Oszillator vorgesehen, sehr wohl aber auf unterschiedliche Positionen innerhalb der Tabelle und damit auch auf unterschiedliche Schwingungsformen.

Das gewünschte Wavetable wird entweder direkt aus dem Menü ausgewählt oder seriell mit dem roten Drehrad angefahren. Ein Display visualisiert dabei das jeweilige Wavetable in 3D-Ansicht.

Zur Verfügung stehen 64 Factory Wavetables sowie 24 durch den Anwender selbst erstellbare Wavetables. Ein Import zusätzlicher Wavetables ist jedoch nicht möglich, dies war auch beim Original schon so. Überhaupt sollte man nicht den Fehler begehen und das MICROWAVE 1 Plugin mit modernen Wavetable-Synthesizern à la SERUM oder VITAL vergleichen, hinter denen trotz gewisser Ähnlichkeiten völlig andere Konzepte stecken.

WALDORF MICROWAVE 1 Plugin – Oszillatoren und Wavetable-Auswahl auf der Main Page

Auf der MAIN PAGE findet man die wesentlichen Einstellungen für beide Oszillatoren zusammengefasst, so dass man diese ohne einen Wechsel der Ansicht abgleichen kann. Neben der Tonhöhe in Oktaven, Halbtönen und Cents lässt sich hier auch die Lautstärke, die Wavetable-Position und der Einfluss der Wave-Hüllkurve definieren. Jeder Oszillator kann zudem solo abgehört werden.

Detailliertere Einstellmöglichkeiten für jeden Oszillator offenbaren sich bei Anwahl der entsprechenden Ansichten (OSC 1 und OSC 2) über die Buttons am linken Rand. Diese fallen bei beiden Oszillatoren identisch aus, mit Ausnahme der zusätzlichen LINK-Buttons bei OSC 2, mit der hier automatisch die Einstellungen in den rechtsseitigen Modulations-Sektionen zu denen von OSC 1 synchronisiert werden.

WALDORF MICROWAVE 1 Plugin – Oszillator 2

Auch der Wavetable-Bereich offeriert mit der CONTROL TABLE zusätzliche Parameter. Hier werden alle Schwingungsformen (Waves) des aktuell ausgewählten Wavetables aufgelistet und die davon selektierte in dem darüberliegenden Display angezeigt.

Jedes Wavetable bietet 64 Tabellen-Positionen, die allerdings nicht alle mit unterschiedlichen Waves belegt sind, sondern auch mit Interpolationen zwischen diesen. Insgesamt stehen 300 Factory Waves und 122 User Waves zur Verfügung, aus denen sich die Wavetables zusammensetzen können. Auf den letzten drei Positionen eines jeden Wavetables (61 bis 63) befinden sich übrigens die klassischen Wellenformen Dreieck, Rechteck und Sägezahn.

Ein Factory Wavetable kann editiert werden, nachdem man es zuvor in ein User Wavetables kopiert hat, was wiederum über den EDIT-Button geschieht. Einige wenige Wavetables, „Algorithmic“ genannt, basieren auf Berechnung und nutzen weder Control Tables, noch lassen sie sich editieren.

Das Wavetable-System des MICROWAVE 1 (und auch der vorangegangenen PPG-Synthies) verfügt gegenüber einem herkömmlichen subtraktiven Synthesizer nicht nur über eine wesentlich größere Auswahl an Schwingungsformen, es bietet zudem auch neue Klangmöglichkeiten, indem sich als besonderer Clou die Position innerhalb des Wavetables und damit auch das Obertonspektrum mittels diverser Modulatoren dynamisch verändern lässt.


Abgezogen…

Wenngleich sich bei der Wavetable-Synthese, wie gerade geschildert, schon bloß´durch das Modulieren der Wavetable-Position eine Klangveränderung erreichen lässt, ist ein zusätzliches Filter dennoch willkommen. Dies galt insbesondere bei der Hardware, wo es vollständig analog aufgebaut war und somit eine zusätzliche Würze in das Klangbild einbrachte.

Aber auch beim Software-Pendant des MICROWAVE 1 trägt das resonanzfähige 24dB-Tiefpassfilter maßgeblich zum Klangcharakter bei, auch wenn es sich hier gezwungenermaßen nur um eine Emulation handelt. Diese ist aber durchaus gelungen, sie kommt ihrem Vorbild schon sehr nahe. Nur im Direktvergleich mit der Hardware lässt sich noch der eine oder andere kleine Unterschied wahrnehmen (es hat wohl auch niemand ernsthaft erwartet, dass hier eine Übereinstimmung von 100 Prozent herrscht, oder…?).

WALDORF MICROWAVE 1 Plugin – Filter-Sektion auf der Main Page

Auf der MAIN PAGE hat man Zugriff auf die Filterfrequenz, die Resonanz, das Keytracking sowie die Intensität der Filterhüllkurve und der Anschlagsdynamik. Die letztgenannten drei Parameter sind bipolar regelbar. Filterfrequenz und Resonanz lassen sich entweder einzeln mit den entsprechenden Drehreglern einstellen oder gemeinsam durch Ziehen mit der Maus im benachbarten Filter-Display.

Unterhalb des Filters finden wir noch eine weitere Klangquelle in Form eines stufenlos zumischbaren Rauschgenenators, dieser produziert rosa Rauschen. Daneben lassen sich Lautstärke und Panorama einstellen. Einzig auf der MAIN PAGE befindet sich übrigens die GLIDE-Sektion, mit der man Portamento- und Glissando-Effekte erzielt.

WALDORF MICROWAVE 1 Plugin – Filter Page

Auf der dedizierten FILTER PAGE gibt es neben den oben schon genannten Parametern noch einige zusätzliche Einstellmöglichkeiten. Für das Filter sind dies etwa diverse Modulationsquellen, mit denen sich die Filterfrequenz bzw. die Resonanz beeinflussen lässt. Darüber hinaus kann man hier zwischen den Filter-Emulationen der beiden Hardware-Revisionen wählen. REV A bildet den CURTIS-Chip CEM 3389 und REV B den CEM 3387 nach.


Ich habe zur Demonstration mal einen kurzen Filtersweep auf einem einfachen Sägezahn aufgenommen, einmal mit Resonanz auf Nullstellung, einmal mit Resonanz auf Halbmast und einmal mit voll aufgedrehter Resonanz (Vorsicht, die Resonanz pfeift hierbei sehr laut, gebt bitte acht auf Eure Ohren und Eure Lautsprecher!). Ihr hört jeweils immer zunächst REV A und dann REV B:

https://www.buenasideas.de/wp-content/uploads/2024/09/WALDORF-MICROWAVE-1-Plugin-Klangvergleich-Filter-REV-A-und-REV-B.mp3
WALDORF MICROWAVE 1 Plugin – Klangvergleich Filter REV A vs REV B

Wie man hören kann, macht sich der Unterschied zwischen REV A und REV B vor allem bei zunehmenden Resonanzwerten bemerkbar.

WALDORF MICROWAVE 1 Plugin – Filter-Kalibrierung

Ein Klick auf den CALIBRATE-Button bringt im unteren Bereich des Plugins jeweils acht bipolare Regler zur Kalibrierung von Resonanz und Filterfrequenz zum Vorschein. Damit lassen sich für jede der acht Stimmen des MICROWAVE 1 Plugins unterschiedliche Offset-Werte einstellen, wahlweise subtil oder auch völlig unverblümt, um so mehr Lebendigkeit zu erzeugen.

Ebenfalls auf der FILTER PAGE ist ein Mixer für die drei Klangquellen OSC 1, OSC 2 und Noise untergebracht. Mit entsprechend hohen Pegeln lässt sich der Filtereingang auch in bis die Sättigung fahren. Die Lautstärke lässt sich hier zudem für jede Klangquelle separat modulieren.

Das Panorama auf der FILTER PAGE ebenfalls nicht nur manuell eingestellt, sondern zusätzlich auch noch moduliert werden, was je nach Einstellung für sehr bewegte Klänge sorgt.


Globalisierung…

Die GLOBAL PAGE beherbergt, wie der Name schon vermuten lässt, einige globale Einstellungen. Neben einem Regler für die Gesamtlautstärke des Plugins (der eigentlich nur MASTER VOL rechts oben doppelt…) und einem für die Stereo-Basisbreite gibt es noch eine PITCH-Sektion mit einem Regler für die Feinstimmung (MASTER) und einem Auswahlmenü für verschiedene Intonationen (TUNING), inklusive temperierter und reiner Stimmung, zufälligen Abweichungen sowie vier benutzerdefinierten Stimmungen.

WALDORF MICROWAVE 1 Plugin – Global Page

Letztere werden mit Hilfe der TUNING TABLES erstellt, bei denen man für jede MIDI-Notennummer individuelle Einstellungen für Grob- und Feinstimmung vornehmen kann. Copy-, Paste und Undo-Funktionen vereinfachen hierbei das Editieren.

Solche finden wir auch bei den VELOCITY TABLES gleich daneben. MICROWAVE 1 bietet vier frei programmierbare Tabellen, in welchen man jedem der 127 möglichen Eingangswerte für die Anschlagsdynamik einen beliebigen Ausgangswert zuweisen kann.


Multi-Tasking…

Auf der MULTI PAGE lassen sich die insgesamt acht Stimmen des MICROWAVE 1 mit verschiedenen Presets belegen. Auf diese Weise lassen sich Split- und Layer-Sounds erzeugen sowie sonstige Multi-Programme erstellen, die beispielsweise auf variable Anschlagsdynamik mit unterschiedlichen Sounds reagieren etc.

Wenn der Multi-Mode aktiviert wird, hat man die Auswahl, wie viele sogenannte Instrumente maximal zur Verfügung stehen sollen (1 bis 8). Im nachfolgenden Screenshot etwa sind alle acht möglichen Instrumente aktiviert.

WALDORF MICROWAVE 1 Plugin – Multi Page

Für jedes dieser Instrumente kann man ein eigenes Preset aussuchen, das können entweder völlig unterschiedliche sein oder auch immer dasselbe, dass man mit individuellen Instrumenten-Parametern versehen möchte.

Alle Instrumente lassen sich unabhängig von den jeweils anderen transponieren, verstimmen, in Lautstärke und Panorama einstellen, außerdem kann man die Modulation des Panoramas bei Bedarf aktivieren oder auch invertieren.

Wenn man den SETTINGS-Button eines Instruments betätigt, werden weitere instrumentenspezifische Einstellmöglichkeiten im unteren Bereich des Plugins angezeigt, etwa für den gewünschten Notenbereich und für die minimale und maximale Anschlagsdynamik, zudem kann hier festgelegt werden, ob das Instrument auf verschiedene MIDI-Befehle wie zum Beispiel Pitchbend, Aftertouch oder Sustain-Pedal reagieren soll.

Die Instrumente im Multi-Mode müssen sich übrigens immer einen gemeinsamen Stereo-Ausgang teilen, da das Plugin über keine zusätzlichen Einzelausgänge verfügt.

WALDORF MICROWAVE 1 Plugin – Soundbänke

Ein kleiner Bug ist mir bei der mir zum Test vorliegenden Software-Version 1.0.0 aufgefallen: Wenn man im Multi-Mode für ein Instrument ein Preset aus einer der unter NEW FACTORIES aufgelisteten Soundbänke (siehe oben) auswählt, wird der Multi-Mode umgehend zurückgesetzt und deaktiviert. Bei Presets aus den anderen Soundbänken tritt dieser Fehler nicht auf und alles reagiert wie zu erwarten.


Untenrum…

Der untere Bereich, der ungefähr ein Drittel der Bedienoberfläche umfasst, ist ebenfalls variabel, und ein paar der Dinge, die dort dargestellt werden, haben wir ja bereits kennengelernt, etwa die Regler für die Filterkalibrierung und die zusätzlichen Instrumenten-Parameter im Multimode. Das ist aber längst noch nicht alles.

Über eine wiederum linksseitig positionierte Knopfreihe lassen sich die verschiedenen Modulatoren des MICROWAVE 1 anwählen, als das wären drei Hüllkurven und zwei LFOs.

WALDORF MICROWAVE 1 Plugin – Wave Envelope

Den Anfang macht die WAVE ENVELOPE, mit der sich die Positionen innerhalb eines Wavetables verändern lassen. Diese Multi-Segment-Hüllkurve besteht aus jeweils acht Zeit- und Pegelwerten und ist zudem bei Bedarf noch loopbar, womit sie auch zu einem komplexen LFO mutieren kann. Die Zeit- und die Pegelwerte lassen sich zusätzlich beide separat voneinander mit einer von insgesamt 24 Quellen modulieren. Der Beginn der Release-Phase wird mittels eines eigenen Reglers definiert, ebenso der eines Loops, welcher je nach Einstellung in die Sustain- oder in die Release-Phase verlegt werden kann.

Diese Hüllkurve und die nachfolgend beschriebenen ebenfalls lassen sich übrigens auch mit der Maus direkt im jeweiligen Grafikdisplay editieren, die virtuellen Drehregler folgen dann automatisch den hier vorgenommenen Änderungen.

WALDORF MICROWAVE 1 Plugin – Filter Envelope

Die FILTER ENVELOPE scheint auf den ersten Blick nur über eine ADSR-Parametrik mit einer vorangestellten Verzögerungsphase zu verfügen (DADSR-Hüllkurve), doch jeder einzelne dieser fünf Parameter lässt sich zusätzlich noch mit einstellbarer Intensität modulieren, was die Hüllkurve sehr viel komplexer macht, als es zunächst den Anschein haben mag.

WALDORF MICROWAVE 1 Plugin – Volume Envelope

Dasselbe betrifft auch die VOLUME ENVELOPE, die für den Lautstärkeverlauf zuständig ist und die bis auf den DELAY-Parameter (der hier ja wenig Sinn machen würde, wer will schon Stille direkt nach dem Tastenanschlag?) identisch zur Filterhüllkurve ausgestattet ist.

Bei den Hüllkurven des MICROWAVE 1 ist mir übrigens sehr positiv aufgefallen ist, das sie in der Lage sind, auch extrem laaaannngggeeee Verläufe zu erzeugen. Man ist häufig ja typischerweise auf schnell zuschnappende Attack- und Decay-Phasen fokussiert, was ja auch nicht unwichtig ist, aber nur selten verfügen Synthesizer über derart lange Zeiten wie der MICROWAVE 1. Minutenlange Filtersweeps etwa, die sich nur in Zeitlupe zu verändern scheinen, sind absolut kein Problem. Klasse!

WALDORF MICROWAVE 1 Plugin – LFOs

Die beiden LFOs bieten auch etwas mehr, als man üblicherweise erwarten kann, wobei der erste noch deutlich umfangreicher ausgestattet ist als der zweite. Jeder LFO bietet einen Regler zur Einstellung seiner Geschwindigkeit in Hertz, einen zusätzlichen HUMANIZE-Parameter, mit dem mehr oder minder starke Variationen der LFO- Geschwindigkeit erzeugt werden können sowie die fünf Schwingungsformen Sinus, Dreieck, Puls, Zufall und Sample and Hold. Bei Letzterem werden übrigens die Werte des jeweils anderen LFO gesampelt.

Da sich die Schwingungsformen auch in ihrer Symmetrie regeln lassen, kann man etwa aus dem Dreieck auch einen aufsteigenden oder abfallenden Sägezahn und aus der Pulswelle ein Rechteck erzeugen. Allerdings muss man dies rein nach Gehör einstellen, da die LFOs nicht über ein Grafik-Display wie die Hüllkurven verfügen.

Die Phase von LFO 2 lässt sich bei Bedarf gegenüber LFO 1 in einem Bereich von 2 bis 180 Grad verschieben.

LFO 1 verfügt noch über eine zusätzliche AD-Hüllkurve mit regelbarer Einsatzverzögerung, zudem lassen sich sowohl seine Geschwindigkeit als auch seine Intensität durch diverse Quellen modulieren.

Sicherlich nicht nur ich hätte sowohl bei den LFOs und auch bei der WAVE ENVELOPE gerne noch eine Option zur Synchronisation mit dem Host-Tempo bzw. zu einer MIDI-Clock gesehen. Klar, bei der Hardware findet man dies ebenfalls nicht, doch an dieser Stelle hätte WALDORF in puncto Authentizität doch mal Fünfe gerade sein lassen können…

Okay, eine kleine Ausnahme gibt es in dieser Hinsicht dann doch schon: Wenn man den nur bei LFO 1 vorhandene GLOBAL-Button betätigt, dann aktiviert man damit einen „verborgenen“ dritten LFO, der die Einstellungen von LFO 2 verwendet, dabei aber nicht pro Stimme, sondern eben global tätig ist, und dies synchron zum Host-Tempo.

Darüber hinaus bietet der untere Bereich der Bedienoberfläche auch noch Platz für weitere Funktionen, die sich über den MENU-Button am oberen Rand des Plugins aufrufen lassen (hierüber kann man übrigens die oben bereits erwähnte FILTER CALIBRATION ebenfalls erreichen).

WALDORF MICROWAVE 1 Plugin – Wave Editor

Mit dem WAVE EDITOR lassen sich bis zu 122 User-Waves kreieren und bearbeiten. Man wählt dazu aus dem Pulldown-Menü die gewünschte User-Wave aus und kann diese dann in dem danebenliegenden Wellenform-Display direkt durch Ziehen mit dem Mauszeiger bearbeiten.

WALDORF MICROWAVE 1 Plugin – Wellenform-Editierung

Dabei ist zu beachten, dass man eigentlich nur eine Halbwelle editiert, die dann jeweils automatisch mit einer um 180 Grad gedrehten Version zu einer vollen Wellenform ergänzt wird, egal in welchem der durch die beiden Spiegelachsen definierten vier Vektoren man etwas einzeichnet (siehe Beispiele oben).

Alternativ dazu kann man auch aus dem Edit-Menü rechts neben dem Display eine der vier klassischen Schwingungsformen Sinus, Dreieck, Rechteck oder Sägezahn als Grundlage auswählen. Ebenso lässt sich eine zufällig ausgewählte Welle in den Editor laden, ebenso wie die aktuelle Wave von OSC 1 oder OSC 2. Undo, Copy und Paste vereinfachen auch hier die Arbeit.

WALDORF MICROWAVE 1 Plugin – Spectrum Analyzer

Der einblendbare SPECTRUM ANALYZER kann eine Hilfe bei der Klangerstellung sein, etwa wenn man den Sound genau an ein vorgegebenes Frequenzspektrum anpassen möchte, damit er nicht mit anderen Klängen im Arrangement kollidiert.


Die Brücke von Remagen…

Auch der der Menüpunkt HARDWARE CONTROL blendet die dazugehörigen Parameter im unteren Bereich ein. Wie weiter oben schon kurz erwähnt, lässt sich das MICROWAVE 1 Plugin nicht nur als virtueller Klangerzeuger nutzen, sondern eben auch als komfortabler Editor für das Hardware-Pendant. Das geht auf diese Weise natürlich bedeutend übersichtlicher und schneller, als am Gerät selbst, welches ja nur über wenige Bedienelemente und ein vergleichsweise winziges Display verfügt.

WALDORF MICROWAVE 1 Plugin – Hardware-Editierung

Bei MIDI OUTPUT lässt sich per Menü der Port am MIDI-Interface des Rechners auswählen, über den die Hardware-Mikrowelle angesprochen wird. LIVE MODE sorgt bei Aktivierung dafür, dass jede Parameteränderung am Plugin unmittelbar zum Gerät übermittelt wird.

Bei deaktiviertem LIVE MODE hingegen kommen die Parameter unter SEND TO HARDWARE zum Einsatz. Ein Klick auf den PARAMS-Button beamt alle Parameter des aktuellen Soundprogramms in einem Rutsch in den Edit-Buffer der Hardware, während WAVES einmalig die User-Waves zur Hardware überträgt, was über das vergleichsweise langsame MIDI-Protokoll natürlich so seine Zeit dauert – jemand hier, der zu ATARI ST-Zeiten Samples via MIDI übertragen hat…? 😉


Kochen mit der Mikrowelle…

Klanglich bietet das MICROWAVE 1 Plugin so ziemlich genau das, was man von ihm erwartet, nämlich einen klassischen Wavetablesound nach PPG-Manier, gepaart mit einem gutklingenden Filter, was zusammen für sehr durchsetzungsfähige Klänge sorgt.

Satte und kernige Bässe, glockige und glasige Sounds, wunderbar synthetisch ertönende Chöre oder schräge Wavetable-Reisen, alles kein Problem für den MICROWAVE 1. Selbst quasianaloge Brot- und Butterklänge aus einfachen Standardwellenformen klingen damit mehr als ordentlich und alles andere als billig. Der MICROWAVE 1 bewahrt dabei stets eine eigene Charakteristik, die ihn von vielen anderen Synthesizern abhebt.


Ich habe hier leider keinen Hardware-MICROWAVE herumstehen, den ich zu einem Eins-zu-eins-Vergleich heranziehen könnte, nur eine Mikrowelle in der Küche, aber die kann bloß unmusikalisch brummen und „Pling!“ machen… Dennoch kenne ich den Klang von früher noch ganz gut. Zur Vorbereitung auf diesen Test habe ich mir erst einmal diverse klangliche Gegenüberstellungen angehört, zusätzlich zu denen, die WALDORF selbst veröffentlicht hat, auch allerlei, die ein paar fleißige (und vertrauenswürdige) Besitzer von Hard- und Software freundlicherweise ins Netz gestellt hatten.

Zusätzlich habe ich auch noch mal eine uralte Sampling-CD von MASTERBITS aus den frühen 1990ern herausgekramt, auf der zahlreiche unbearbeitete Sounds vom MICROWAVE vertreten sind, inklusive charakteristischer Wavetable-Sweeps. Das muss für eine Beurteilung hier ausreichen.

Gegenüber (den Aufnahmen) der Hardware habe ich zum Teil noch kleinere, aber durchaus hörbare Unterschiede beim Plugin festgestellt. So packt das Filter der Hardware, insbesondere bei höheren Resonanzwerten, für mein Empfinden kräftiger zu, wirkt eben analoger (Ach was…?!), die Hüllkurven erscheinen mir beim Original auch noch eine Spur mehr Schnappizität zu besitzen und auch das typische VCA-Knacken bei sehr kurzen Attackzeiten hat man beim Plugin offenbar weggebügelt.

Alles in allem kommen diese Unterschiede aber nur bei bestimmten Arten von Sounds zum Tragen, bei anderen treten überhaupt keine wahrnehmbaren Differenzen im A/B-Vergleich auf. WALDORF hat selbst den sogenannten „ASIC overflow bug“ emuliert, ein eigentlich ungewollter Chipdesignfehler beim Original, der bei bestimmten Parameter-Konfigurationen für musikalisch verwertbare Verzerrungen sorgt.

Mein übliches One-Synth-One-Track-Klangleispiel muss dieses Mal aus Gründen entfallen, vielleicht hole ich dieses später noch einmal nach. Stattdessen gibt es einfach eine gemischte Auswahl an (zum Teil veränderterten) Presets:

https://www.buenasideas.de/wp-content/uploads/2024/09/Klangbeispiel-WALDORF-MICROWAVE-1-Plugin-dry.mp3
Klangbeispiel WALDORF MICROWAVE 1 Plugin – dry

Bei einem Vergleich mit anderen Softsynths sollte man beachten, dass das MICROWAVE 1 Plugin über keine Onboard-Effekte verfügt, ganz im Sinne des Originals. Da die Presets von Plugins mit eigener Effekt-Sektion meist übermäßigen Gebrauch davon machen, kann der MICROWAVE 1 dagegen bisweilen im wahrsten Sinne des Wortes etwas trocken und unspektakulär klingen. Aus diesem Grund habe ich das obige Klangbeispiel auch noch einmal mit einer zusätzlichen Portion Reverb aufgenommen:

https://www.buenasideas.de/wp-content/uploads/2024/09/Klangbeispiel-WALDORF-MICROWAVE-1-Plugin-Reverb.mp3
Klangbeispiel WALDORF MICROWAVE 1 Plugin – Reverb

Als Effekt kam hier lediglich der QUANTUM ROOM SIMULATOR von SAVANT AUDIO LABS zum Einsatz, ansonsten keinerlei weitere Effekte.

Ich persönlich empfinde es übrigens keineswegs als Nachteil, dass WALDORF dem Plugin keine Effekt-Sektion spendiert hat. So nett es manchmal auch ist, wenn ein Softsynth über derartiges verfügt, aber eigentlich habe ich in meinem Arsenal genügend hochwertige Effekt-Plugins, die in der Regel einen noch besseren Job machen.


Fazit:

Mit dem MICROWAVE 1 Plugin ist WALDORF ein überraschender Coup gelungen. Die virtuelle Mikrowelle kommt seinem Vorbild klanglich sehr nah und in weiten Teilen sogar identisch, wenngleich das analoge Filter bei der Hardware doch noch über ein wenig mehr Biss verfügt und die Hüllkurven dort etwas knackiger ausfallen. Manches davon dürfte sich aber durch entsprechende Nachbearbeitung im Mix nivellieren.

In Sachen Bedienung hat das Plugin aber eindeutig die Nase vorn. WALDORF hat es geschafft, die zahlreichen Parameter einigermaßen übersichtlich auf der Bedienoberfläche unterzubringen, so dass das Plugin nicht überfrachtet wirkt. Besitzer der Hardware profitieren ebenfalls davon, denn sie können das Plugin zur bequemen Steuerung dieser einsetzen.

Mein hauptsächlichen Kritikpunkte betreffen eher ein paar Kleinigkeiten, die ich mittlerweile von vielen anderen Plugins gewohnt bin, die dem MICROWAVE 1 Plugin aber (noch…?) abgehen: ein komfortabler Preset-Browser, MIDI-Learn-Funktionen (kommt bald!) und die Synchronisation diverser Parameter zum Host-Tempo. Das ist allerdings jetzt auch nichts, dass mir den grundsätzlichen Spaß am Plugin nachhaltig vermiesen könnte.

WALDORF bietet das MICROWAVE 1 Plugin nach Ablauf der nur recht kurzen, vergünstigten Einführungsphase zu einem regulären Verkaufspreis von 149,- Euro an. Das ist jetzt nicht unbedingt ein Schnäppchen, in Zeiten, in denen viele Plugins schon zu einem zweistelligen Betrag feilgeboten werden, aber es war halt schon immer etwas teurer, einen besonderen Geschmack zu haben… 😉

WALDORF stellt ebenfalls eine kostenlose Demoversion des Plugins bereit, diese ist 30 Tage lang voll funktionsfähig und kann bei Gefallen mittels Lizenz-Key in eine Vollversion umgewandelt werden.


Positives:
+ sehr guter Grundklang
+ einfache Bedienung
+ flexible Hüllkurven
+ kompatibel zum Original
+ als Editor für die Hardware nutzbar
+ Offline-Aktivierung

Negatives:
– keine Steuerung über MIDI-CCs möglich (kommt aber mit dem nächsten Update!)
– keine Synchronisation zum Host-Tempo möglich
– kein zeitgemäßer Preset-Browser


Produktwebseite: https://waldorfmusic.com/de/microwave/

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